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Vanlife und der Traum von Freiheit – oder doch nicht?

Eva Manhardt, Chefredakteurin des VANLIFE Magazins, über das Leben und Arbeiten im Van und die damit verbundenen Herausforderungen

Vanlife ist in aller Munde. Es gilt als Befreiung von Routinen und dem Alltagstrott. Einfach mit dem Van losfahren, darin wohnen und das Leben genießen. Durch schöne Bilder in den sozialen Netzwerken und dem Camping- und Caravaning-Boom der vergangenen Jahre hat sich Vanlife zu einem Trend entwickelt. Auch auf der CMT in Stuttgart ist das Thema omnipräsent. Die weltweit größte Publikumsmesse für Tourismus und Freizeit ist für die Vanlife-Community ein wichtiger Treffpunkt, um sich über die neuesten Entwicklungen auszutauschen und zu informieren. Eva Manhardt, Chefredakteurin des VANLIFE Magazins vanlifemagazin.eu, spricht im Interview über Vorstellungen, die nicht der Realität entsprechen, dem Einstieg ins Vanlife sowie über Tipps und Tricks zum Ausbau.

Fast scheint es so, als hätte das Thema Vanlife erst in letzter Zeit so richtig an Fahrt aufgenommen. Ist das tatsächlich so?
In den USA ist man schon in den 70er Jahren mit dem Bulli oder Bussen herumgefahren. Mit den Sozialen Medien kann dieser Lifestyle inzwischen auch einer breiten Öffentlichkeit präsentiert werden. Wir sehen Bilder von absoluter Freiheit, wie Influencer am Strand, im Wald oder am Fluss stehen und ihr Leben genießen. Solche Fotos vermitteln den Eindruck, man könnte einfach drauflosfahren und dort stehen bleiben, wo es einem gefällt. Das inspiriert viele junge Menschen, denselben Lifestyle zu leben, länger unterwegs zu sein und alles auf sich zukommen zu lassen. Dass diese Wahrnehmung nicht ganz der Realität entspricht, das ist wohl kein Geheimnis...

Was meinen Sie damit?
In den meisten Ländern ist das Wildcampen verboten. Einfach irgendwo am Meer parken und übernachten, das ist nicht so einfach, wie es uns Instagram und Co. glauben lässt. Anders ist das in Schweden. Hier ist das Wildcampen legal. Nicht umsonst sind dort so viele Influencerinnen und Influencer im Sommer unterwegs.

Wie kann ich trotzdem irgendwo stehen, wo es schön ist, ohne gegen Gesetze zu verstoßen?
Man muss tatsächlich ein bisschen recherchieren und verschiedene Campingplatz-Plattformen durchstöbern. Auch Google Maps in der Satelliten-Ansicht ist hilfreich, dort findet man zum Beispiel Mini-Campingplätze, die nicht auf Plattformen präsent, dafür aber wunderschön gelegen sind. Wir berichten auf vanlifemagazin.eu auch immer wieder über kleine, feine Campingplätze oder Stellplätze, die man über diverse Stellplatzführer und Apps nutzen kann.

Zahlreiche YouTube-Videos lassen uns glauben, einen Van auszubauen, das kann jede(r). Doch was muss ich dabei tatsächlich beachten?
Wichtig ist, sich erst einmal intensiv mit dem Thema zu beschäftigen: Traue ich mir einen Ausbau zu? Habe ich handwerkliches Geschick und vor allem die Zeit? Außerdem sollte man sich ausreichend informieren – sei es auf Messen wie der CMT, bei Bekannten und Freunden, die bereits Erfahrungen im Ausbau haben, oder bei Experten, die keinen wirtschaftlichen Hintergedanken haben. Unsere Erfahrung ist aber, dass viele auf dem Weg zum selbstausgebauten Van scheitern. Selbst wenn man handwerklich geschickt ist, muss man auch die rechtlichen Bedingungen bei der Zulassung beachten. Und dann landen viele doch irgendwann beim professionellen Ausbauer.

Stichwort New Work, eine Kombination aus Reisen und Arbeiten. Ist das die Zukunft unserer Arbeitswelt?
Bei fast jedem Job ist Internet unerlässlich. Doch das Netz in Deutschland ist sehr schlecht ausgebaut, auch auf Campingplätzen ist die Netzabdeckung nicht immer optimal. Und selbst wenn ich auf meiner Vanreise einen Router mitnehme, ihn mit einer SIM-Karte ausstatte und über Dropbox und OneDrive arbeite, rauschen die Mega- und Gigabyte nur so davon. Vor allem bei den irrsinnigen Datenmengen, mit denen wir heutzutage arbeiten. Da gilt es, seine Geräte so zu konfigurieren, dass nur die notwendigsten Daten synchronisiert werden.

Selbst wenn man das Internetproblem in den Griff bekäme, muss auch der/die ArbeitgeberIn mitspielen, richtig?
Genau. In Österreich gibt es seit der Pandemie zum Beispiel ein Homeoffice-Gesetz. Es ist also gesetzlich geregelt, dass im eigenen Zuhause, der Wohnung des Partners oder bei Familienangehörigen gearbeitet werden darf. Nicht unter die Homeoffice-Regelung fällt Arbeit, die in öffentlichen Orten oder Coworking-Spaces erbracht wird. Das bedeutet: Wenn man vom Van ausarbeiten möchte, müsste man das zunächst mit dem Arbeitgeber aushandeln. Und dann muss auch geklärt werden: Was ist Arbeitszeit, was ist Freizeit? Und wie ist man versichert? Und dann haben wir eben noch die Stellplatz-Problematik.

Ein Blick in die Zukunft: Welche Trends werden sich im Bereich Vanlife noch entwickeln?
Zwei Themen werden in den nächsten Jahren auf jeden Fall an Bedeutung gewinnen. Zuerst das Thema Wasserkreislauf. Ziel wird es sein, so wenig Wasser wie möglich zu verbrauchen bzw. dieses wiederzuverwenden, um weiter autark unterwegs zu sein. Auch neue Technologien werden uns beschäftigen: Wie bekomme ich noch besseren Internetzugang? Wie kann ich meinen eigenen Strom erzeugen?

Zur Person:
Eva Manhardt ist seit Mai 2021 Chefredakteurin des VANLIFE Magazins vanlifemagazin.eu, einem Online-Magazin für Camping-Fans. Hier werden regelmäßig Reiseberichte, Technik-Tipps, Ratgeber und vieles mehr veröffentlicht. Eva Manhardt selbst ist ebenfalls Vanlife-Fan, sie ist für ihre Recherchen mit einem Pössl 2WinR unterwegs.