Ab Fulda ostwärts

Eine Tour abseits überfüllter Straßen von der hessischen Rhön nach Thüringen

ein Reisebericht von Wolfgang Ramsteck

 

Während in den Zeiten der Schulferien die inländischen Reiseziele im hohen Norden und im Süden stark frequentiert sind, gibt es in dem großen Bereich dazwischen viele Möglichkeiten, die Heimat ungestört zu erkunden. Dazu hier mein Vorschlag für eine kleine „Sehreise“, die im Raum Fulda beginnt – oder endet, wenn man der Streckenempfehlung „rückwärts“ folgt. Außerhalb der Hauptsaison ist man oft allein auf der Straße.

Textil und Computer

Nördlich von Fulda, auf der BAB 7 – Abfahrt  90 „Hünfeld / Schlitz“, ist nach dem Verlassen der Autobahn der Entschluss, ob es zuerst nach rechts in Richtung Schlitz (11 km)  und anschließend zurück in Richtung Hünfeld geht, abhängig von den Insassen und auch vom Wochentag. Die Damen an Bord ganz sicher und Fachmänner der Textilbranche ebenfalls kennen „Schlitzer Leinen“. Für Interessierte bietet sich jeweils dienstags und donnerstags am Nachmittag die Möglichkeit, in Schlitz den Werksverkauf (gut ausgeschildert, siehe auch: www.schlitzer-leinen.de) zu besuchen und die edlen Textilien günstiger zu erwerben. Ein längeres Verweilen in den Verkaufsräumen verursacht im Zeitplan keine Probleme, denn die erste Übernachtungsempfehlung kurz vor Hünfeld ist in wenigen Minuten erreichbar. (11 km wieder zurück bis zur Anschlussstelle BAB 7 und weitere 4 km Richtung Hünfeld.) Im ersten Ort nach der Autobahnbrücke, in Oberrombach, verkauft die dortige Shell-Tankstelle üblicherweise den Sprit zum „Straßenpreis“, d. h. ohne die sonst feststellbaren Zuschläge in Autobahnnähe.

Auf halbem Weg nach Hünfeld und gut ausgeschildert (Golfplatz / Campingplatz) geht es rechts ab zum Knaus Campingpark Hünfeld. Ortsunkundige verwirrt nach dem Abbiegen möglicherweise die Zufahrt, denn es geht mit einem leichten Versatz an den Parkplätzen der Golfer und der Besucher des Restaurant Praforst vorbei bis zu einem Mini-Kreisel, hinter dem ein Verkehrsschild die Durchfahrt verbietet. Hat man dann beim Näherkommen den Hinweis darunter „Zufahrt zum CP frei“ entdeckt, löst sich das Gefühl, falsch zu fahren und umkehren zu müssen. - Der CP ist ein beliebter und internationaler Transitplatz im Nord-Süd-Reiseverkehr, in der Hauptsaison ist frühzeitiges Erscheinen zu empfehlen. Mit dem Reisemobil hat man die Wahl, vor der Schranke im Hochwald zu stehen oder auf dem Platz auf einer separaten Fläche nur für Reisemobile. Für Stellplatzgäste vor der Schranke gibt es einen kleinen Sanitärbereich im Empfangsgebäude. Wer die komfortablen Sanitäranlagen, Spüle und Waschmaschine nutzen möchte, dem sei der Aufenthalt im Platzareal empfohlen. Zum Sat-Empfang eignen sich dort die vorderen Stellplätze.

Das kleine Platz-Restaurant bietet Imbiss und morgens Brötchen. Genießer werden sich in der Waldgaststätte Praforst wohlfühlen. Preis-Leistung sind gehoben, die Atmosphäre im Restaurant und auf der schönen Seeterrasse angenehm. Wenn man das Pech hat, am Montag (Ruhetag des Restaurants) in Hünfeld zu übernachten, bietet sich (wie auch an den anderen Tagen) die Möglichkeit, einhundert Meter weiter im frei zugänglichen Golfplatz-Club-Restaurant den Hunger zu stillen.

Mit der Stadt Hünfeld verbindet der Kenner den Namen Konrad Zuse, der Erfinder des Computers lebte hier. Für echte EDV-Freaks ist der Museumsbesuch ein Muss.

Alternativ zum Knaus-Campingplatz bietet die Stadt Hünfeld einen ruhig gelegenen und ganzjährig nutzbaren Stellplatz im Grünen, neben Kleingärten, Parkanlagen und Sportstätten. Direkt in der Nähe ist auch ein Freibad. Die Zufahrt zum Stellplatz ist gut ausgeschildert, die Aufenthaltsdauer ist auf drei Tage limitiert. Mit aktuell fünf Euro pro Nacht steht man günstig. Der Parkscheinautomat akzeptiert auch die EC-Karte, für Strom und Wasser ist Münzgeld erforderlich.

Die Wartburg ist deutsche Geschichte zum Anfassen

Von Hünfeld lässt es sich über Nebenstrecken gemütlich und ohne Umwege zur Wartburg nach Eisenach cruisen. Sozusagen nur ca. 60 km benötigt die Zeitreise vom ersten Computer zurück ins Mittelalter. Auch für Nicht-Christen oder Nicht-Protestanten ist der Besuch der Wartburg lohnend. Ein Stück deutscher Geschichte, historisch berühmt und als Weltkulturerbe-Bauwerk eindrucksvoll und sehenswert.

Auf dem großen Besucher-Parkplatz unterhalb des Burgbergs werden den Reisemobilen am Ende einer ringförmigen Straße Plätze am Straßenrand in Reihe hintereinander zugewiesen. Wer will, darf dort auch über Nacht parken. Wenn die letzten Gäste von der Burg zurück sind, wird es sehr ruhig. Die deutliche Schräglage auf dem Kopfsteinpflaster am Straßenrand wird aber nicht jedem gefallen. Und auch die zwei eher tristen Stellplätze in Eisenach können nicht begeistern. Deshalb empfehle ich, die Stadt ohne weitere „Berührung“, so wie man auf der B 84 nach Eisenach angereist ist, in der Gegenrichtung wieder zu verlassen und Bad Salzungen anzusteuern. Über zwei alternativen Strecken am Rand des Thüringer Waldes kann man nach dort fahren. Das Navi wird vermutlich bis nach Marksuhl über die B 84 lotsen, ein die Nebenstrecken liebender menschlicher Co-Pilot die Route über Wolfsburg-Unkeroda wählen. Und wer mit seinem Navi im „Lkw-Modus“ reist und diesem vertraut, könnte auch auf einem großen Umweg gen Bad Salzungen gelost werden. Wie auch immer: wer den Kurort bereits besucht hat oder mit einem nicht aktuellen Stellplatzführer im Gepäck unterwegs ist, muss wissen, dass der beliebte und ruhige Stellplatz „Am Haad“ seit 2014 geschlossen ist, weil die Stadt den neuen „Sole-Reisemobilhafen Am Flößrasen“ in der Nähe zum Gradierwerk und Solebad eingerichtet hat. Der neue Platz bietet gut nutzbare und klar gegliedert Stellflächen. Auch dort lässt es sich relativ ruhig stehen. Der geringe Personenzug-Nahverkehr auf der Bahnstrecke nebenan sollte nicht stören. Der neue Stellplatz war im Sommer 2014 noch nicht komplett fertig gestellt, trug jedoch bereits zum Jahresbeginn das Siegel TopPlatz, Kritiker der „Gütesiegel“ dürften sich bestätigt fühlen. Inzwischen ist die Anlage eingeweiht und gut besucht. Es wird einige Jahre brauchen, bis das große Stellplatzareal östlich der Zufahrt dem Bild der Planer entspricht, wie es auf der Website des Kurortes gezeigt wird, weil die frisch gepflanzten Bäume und Büsche optisch noch nicht wirken. Der kleinere Teil des Platzes westlich der Einfahrt zeigt sich durch den vorhandenen Baumbestand im Randbereich ansehnlicher, wird deshalb auch bevorzugt genutzt und bietet guten Schutz gegen Westwind. – 7,50 pro Nacht plus 1,50 pro Person Kurtaxe kostet der Tag am Flößrasen, auf dem Parkplatz an der Werrastraße, als Alternative, wird nur die Kurtaxe fällig, aber der rege Parkplatzverkehr und Straßenverkehr direkt daneben ist nicht jedermanns Sache.

Bad Salzungen ist zu schade für nur eine kurze Übernachtung. Aus dem Restaurantangebot ist der „Kartoffelkäfer“ als urige Lokalität mit umfangreicher Speisekarte erwähnenswert. Ein Spaziergang um den Burgsee oder eine Tretbootfahrt schaffen Bewegung. Die Hauptattraktion ist aber das Gradierwerk nebst Bad, in dem nicht nur Heuschnupfler aufatmen können. Wer die Angebote nutzt, hat bereits mindestens einen ganzen Tag „vertrödelt“.

Ein Bergwerk mit einmaligem Event-Charakter

Keine zehn Kilometer westwärts von Bad Salzungen entfernt wartet eine ganz besondere Attraktion, das Erlebnis-Bergwerk Merkers der K+S. Das ehemalige Salzbergwerk bietet heute zweimal täglich eine großartige „Show unter Tage“, mit perfektem Entertainment. Der Fahrkorb bringt die Besucher unter Tage auf eine Teufe von 500 Meter. Danach geht es in geländegängigen, offenen Kleinlastern über zahlreiche Stationen durch die Stollen weitere dreihundert Meter nach unten, zu einer weltweit einmaligen Kristallgrotte und zur „tiefsten Bar der Welt“. Die Superlativen sind nicht übertrieben und die Grubenfahrt ein ganz besonderes Erlebnis. Am Ende der Rundfahrt durch das Labyrinth unter Tage sind gute 30 km absolviert. Die staubfreie Luft in einem Salzbergwerk hat auch medizinisch einen positiven Aspekt, der Besuch ist nicht vergleichbar mit den Angeboten der Kohle- oder Erzgruben. - Es empfiehlt sich dringend, fernmündlich oder unter www.erlebnisbergwerk.de/de/tour/ vorab die Tickets zu bestellen und pünktlich vor Ort zu sein.

Auf dem Parkplatz des Bergwerks dürfen angemeldete Besucher vor und nach der Grubenfahrt kostenlos übernachten. Ein Stellplatz ohne jeglichen Komfort aber abends und nachts total ruhig, weil völlig abseits.

Als nächstes Ziel in landschaftlich schöner Lage ist Finsterbergen direkt am Rennsteig zu empfehlen. Der abgelegene Ort ist nur auf dem Abzweig von der B 88 auf der Strecke zwischen Friedrichroda und Georgenthal / Gräfenhain zu erreichen. Dort lässt es sich in absoluter Ruhe ungestört auch längere Zeit aushalten. Insbesondere für Wanderstiefel und Mountainbikes bietet sich hier ein schier endloser Auslauf. Im Sommer lockt das Freibad nebenan. Der CP Rennsteig Caravaning offeriert 35 Rasen-Stellplätze für Wohnmobile, Wohnwagen und Zelte. Große Reisemobile finden direkt neben der Zufahrt einen Platz. Im Aufenthaltsraum und im sauberen Sanitärgebäude erkennt man viel Liebe zum Detail, bewusst haben die Eigner eine eher privat wirkende Atmosphäre geschaffen.

Theater und Eisenbahn

Für alle Dampflok-Freunde oder an gutem Theater Interessierte ist als nächste Station Meiningen ein lohnendes Ziel  – und den Kennern in diesen beiden genannten Disziplinen sicher ein Begriff. Für beide Besuchsmagneten in Meiningen sollte man sich über die Internetseite der Stadt vor einem Besuch über die aktuellen Angebote und freie Plätze informieren. Viele Veranstaltungen sind teilweise langfristig ausverkauft. Für Theater-Premieren ist es nahezu aussichtslos, Karten zu erhalten. Zu den Meininger Dampfloktagen sind die Stellplätze ausgebucht. Zwei offizielle Stellplätze (ohne Ver-/Entsorgung) bietet Meiningen seinen Gästen kostenfrei in direkte Nähe zur Werra in akzeptabler Ruhe an, der eine am Nordrand und der andere am Südrand der Stadt. Wer etwas mehr Komfort mag bzw. Strom und Ver- und Entsorgungseinrichtung benötigt, dem ist der CP „Rohrer Stirn“ am Stadtrand in unmittelbarer Nähe zum gleichnamigen Schwimmbad sehr zu empfehlen. Der kleine Platz ist eher ein perfekter Reisemobilstellplatz und kein typischer Campingplatz. In einer Hanglage hoch über der Stadt sind die einzelnen Stellplätze trotz der Niveauunterschiede waagerecht und gut befestigt in einem Rund angeordnet und durch Hecken getrennt und für jede Fahrzeuggröße gut erreichbar. Im Sanitärgebäude wird schnell erkennbar, dass der Platz zum benachbarten Schwimmbad gehört. Mit dem Begriff „perfekt“ lassen sich Ausstattung und Sauberkeit zutreffend beschreiben. Der stets freundliche Chef und Platzwart rundet den sehr guten Gesamteindruck ab. Meiningen ist nur wenige Kilometer von der BAB 71 entfernt und damit auch als Transitplatz eine empfehlendwerte Adresse. Die Gäste auf dem CP haben kostenlosen Zugang zum Freibad, das nach alter ostdeutscher Sitte auch einen versteckten FKK-Teil anbietet. Zusätzlich, auch unter der Regie der Schwimmbadverwaltung werden sechs klassische Stellplätze (mit Stromanschluss) etwas unterhalb des CP angeboten, vor deren Anfahrt man besser zuerst an der Kasse des Hallenbads eincheckt und sich die Anfahrt beschreiben lässt. An dieser Kasse erfolgt ab Nachmittag auch die Anmeldung zum CP Rohrer Stirn; die Einfahrt und den Zugang zum Sanitärgebäude ermöglicht eine Chipkarte.

Wenn der Chauffeur ein paar Ruhetage wünscht oder zur Entspannung selbst gefahren werden möchte, sind vom Bahnhof Meinigen Tagesausflüge mit dem Zug empfohlen. Direkt am CP Rohrer Stirn / Schwimmbad ist die Haltestelle für den Bus zum Bahnhof. In nordwestliche Richtung fahren die Züge von Meiningen nach Bad Salzungen und nach Eisenach und in nordöstliche Richtung nach Suhl und in die Landeshauptstadt Erfurt. Auch ab Bad Salzungen sind solche Bahnreisen gut möglich, dort ist es nur ein kurzer Fußweg vom Stellplatz zum Bahnhof.

Wolfgang Ramsteck

 

Mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Alle Bilder dieses Artikels: Wolfgang Ramsteck